Die Glockengiesserei Aarau feiert ihr 650-jähriges Bestehen. So lange werden in Aarau bereits Kirchenglocken gegossen. Die Barbaraglocke von 1367 ist das erste Zeugnis davon. Sie läutet noch heute in der Kathedrale von Fribourg. Doch auch an vielen anderen Orten geben die Glocken aus Aarau auch heute noch in den Schweizer Kirchtürmen den Ton an.
Die letzte Kirchenglockengiesserei der Schweiz hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Wie genau der Glockenguss 1367 mit dem Rotgiesser Walter Reber nach Aarau kam, ist nicht überliefert. Sicher ist nur, dass er ein Meister seines Fachs war. Und sicher ist auch, dass sein Handwerk in Aarau über die Jahrhunderte allen gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Stürmen und Umwälzungen widerstand. Reformation, Aufklärung und Industrialisierung konnten der Glockengiesserei nichts anhaben – in fast jeder dieser Epochen wurden in Aarau Glocken gegossen.
Schwere Zeiten während der Reformation
Dass es in den 650 Jahren des Bestehens auch turbulent zuging, liegt auf der Hand: Nach dem ersten Höhepunkt durch Gründer Walter Reber erlebte der Aarauer Glockenguss eine harte Zeit: Ein wichtiger Grund dafür waren die Wirren der Reformation mit dem Konflikt zwischen katholischen und reformierten Orten.
18’000 Franken und ein Aufschwung
Zum Glück gab es auch gute Zeiten: Eine davon begann 1824. Damals übernahmen die Brüder Jakob und Sebastian Rüetschi für 18’000 Franken die Aarauer Glocken- und Geschützgiesserei. Bald danach war die Firma über den Aargau hinaus bis in die Innerschweiz, nach Fribourg und den Berner Jura bekannt. Bis zu seinem Tod belieferte Jakob Rüetschi fast 150 Gemeinden mit insgesamt über 220 Glocken. So machte er Aarau zum national bekannten Zentrum des Glockengusses.
Wandlung zum modernen Unternehmen
Heute ist die H. Rüetschi AG die letzte Giesserei von Kirchenglocken in der Schweiz. Doch der Glockenguss ist nur noch ein kleiner Teil des Geschäfts. Viel wichtiger ist die gesamtheitliche Kirchturmtechnik. Überhaupt ist die H. Rüetschi AG heute viel breiter aufgestellt. Ihr Spektrum reicht von Kirchturmtechnik über Fassadenuhren bis zum Kunstguss. Dabei greifen ihre Spezialisten zurück auf ein immenses Fachwissen rund um Architektur, Denkmalpflege, Forschung, Geschichte, Handwerk, Informatik, Ingenieurwissenschaften, Kultur, Kunst, Musikalität und Physik.
Tradition und High-Tech
Dank ihrer Kombination aus Tradition, Spezialisierung und Hightech ist die H. Rüetschi AG ein Musterbeispiel für ein modernes Aargauer KMU. Dabei kombiniert das Unternehmen jahrhundertealtes Handwerk mit spezialisierter, hochpräziser Facharbeit und innovativen Produktentwicklungen, die auch im Ausland gefragt sind.
Bei all dem vergisst das Unternehmen nie, dass ihre Kirchenglocken viel mehr sind als nur Bestandteil eines Kirchturms: Sie sind Zeitzeugen, Kulturgut, Kunstobjekt, Instrument, Handwerk, Forschungsobjekt, Kommunikationsmittel und manchmal sogar Streitobjekt.
Mehr zur Geschichte des Glockengusses in Aarau finden Sie im Buch «Glocken für die Ewigkeit».